Die kürzlich veröffentlichte Richtlinie von DHKT und DIHK zur Zuordnung der Photovoltaik-Montage zum Dachdeckerhandwerk sorgt für kontroverse Diskussionen in der Solarbranche. Die Entscheidung, alle Arbeiten auf der DC-Seite von Photovoltaikanlagen dem Dachdeckerhandwerk zuzuordnen, basiert auf dokumentierten Schadensfällen durch unsachgemäße Installationen.
„Der Meisterbrief allein ist noch keine Garantie für hochwertige Arbeit", erklärt Martin Pierags, Gründer von "dezentralo" und Branchenexperte für Photovoltaik. „Was wir wirklich brauchen, ist ein System, das die Qualität der fertigen Anlage in den Mittelpunkt stellt."
Die neue Einordnung greift die langjährige Argumentation des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) auf, wonach bei der Montage von PV-Anlagen immer in die Dachunterkonstruktion eingegriffen wird – sei es durch statische oder bauphysikalische Auswirkungen. Diese Position wurde bereits 2013 durch ein Urteil des VG Münster bestätigt. Bisher galt die reine Montage von Aufdach-Systemen als Minderhandwerk und konnte ohne Eintragung in die Handwerksrolle durchgeführt werden.
Komplexe Energiesysteme erfordern neue Lösungen
Besonders komplex wird die Situation bei modernen Energiesystemen: Neben dem Dachdeckermeister wird für eine Photovoltaikanlage mit Wärmepumpe auch ein SHK-Meister für die Installation der Wärmepumpe sowie ein Elektromeister für den fachgerechten Anschluss benötigt. Diese Verschränkung verschiedener Gewerke verdeutlicht, dass einzelne Meisterbriefe allein nicht zielführend sein können.
Alternative Ansätze zur Qualitätssicherung
Ein vielversprechender Ansatz wäre die Einführung einer verpflichtenden Abnahme durch unabhängige Sachverständige, vergleichbar mit dem TÜV im Automobilbereich. Dies würde mehrere Vorteile bieten:
- Objektive Qualitätskontrolle unabhängig vom ausführenden Gewerk
- Standardisierte Prüfkriterien für alle Installationen
- Erhöhte Sicherheit für Verbraucher
- Vermeidung von Folgeschäden an der Gebäudesubstanz
„Dabei geht es doch am Ende um zufriedene Kunden mit einer Anlage, die funktioniert; und nicht um Formalien", betont Pierags.
Auswirkungen auf die Branche
Während Befürworter der Regelung auf höhere Qualitätsstandards und Rechtssicherheit für Dachdeckerbetriebe hoffen, befürchten Kritiker eine mögliche Verzögerung des PV-Ausbaus durch zusätzliche Hürden. Praktische Fragen bleiben offen, etwa ob überregionale Anbieter und regionale Solarteure jeweils Dachdeckermeister einstellen müssen.
Für Solarteure ohne Dachdeckermeister bedeutet die neue Regelung:
- Kooperationen mit Dachdeckerbetrieben prüfen
- Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeiter evaluieren
- Qualitätssicherungsprozesse optimieren
- Verstärkter Wettbewerb durch Betriebe mit Dachdeckermeister
Langfristige Perspektive
Für die Zukunft wäre die Entwicklung eines spezialisierten Ausbildungsberufs im Bereich erneuerbarer Energien durchaus sinnvoll. Ein solcher "Renewable Energy Technician" könnte die verschiedenen Aspekte der Installation und Wartung von PV-Anlagen, Wärmepumpen und anderen nachhaltigen Energiesystemen abdecken.
Dialog ist gefragt
Auf LinkedIn ist bereits eine lebhafte Diskussion mit über 90 Kommentaren entstanden. Interessierte können sich unter hier an der Debatte beteiligen und ihre Perspektiven einbringen.
Über dezentralo: Auf dezentralo können Solarbetriebe ihr Unternehmensprofil als Meisterbetrieb kennzeichnen und sich dadurch von Mitbewerbern abheben.
- Höhere Wahrscheinlichkeit einer dichten Dachhaut, da geschulte Fachkräfte arbeiten und typische Montagefehler vermieden werden können.
- Längere Lebensdauer der PV-Anlage durch fachgerechte Installation.
- Rechtssicherheit bei möglichen Schäden durch unsachgemäße Montage.